Unsere beiden Hunde lieben Wasser; frisch und sprudelnd mögen sie es am liebsten. Während Simba – die ältere unserer beiden Tollerhündinnen fürs Leben gerne schwimmt, reicht ihrer Tochter Baghira ein Fussbad hingegen vollends. Beiden ist es eigentlich egal, wo sie ans Wasser dürfen. Sie werden wohl nicht registriert haben, dass das vormittägliche Fussbad in der Donauquelle nahe Furtwangen rein örtlich etwas Besonderes sein sollte.
Es geht jetzt aber nicht um die Vorzüge unserer beiden Vierbeiner; es geht um Quellen. Um Orte also, an denen dauerhaft oder zeitweise Grundwasser auf natürliche Weise an der Geländeoberfläche austritt. Diese Örtlichkeiten sind oft sagenumwoben, aber ohne Frage Ursprung des unverzichtbaren Lebenselixiers Süsswasser.
Aus hydrologischer Sicht ist es offenbar nicht so einfach, die Quelle eines Flusses oder gar eines Stroms zu verorten. Wenn wir den Faktor der grössten Mündungsdistanz als massgebend bewerten, finden wir am obersten «Katzensteig», nahe Furtwangen im Schwarzwald die dem Kriterium entsprechende Donauquelle.

Die Zeiten ändern, der Flusslauf nicht …
Auf knapp 1080 Metern Seehöhe entspringt das unscheinbare Bächlein Breg, welches sich rühmt, sein Wasser nach 2857 km ins Schwarz Meer zu spülen. Allerdings nicht mehr als Breg, sondern als von zahlreichen Zubringern gespeiste Donau, nach der Wolga doch immerhin der zweitlängste Fluss des europäischen Kontinents. Eine Bronzetafel nennt die Länge des Stroms und verweist auf acht europäische Länder entlang des Flusslaufes – eine Bronzetafel wohl aus den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts, werden doch heute nicht mehr existente Staaten wie die Tschechoslowakei (Teilung 1992), Jugoslawien (Zerfall ab 1991) und die Sowjetunion (Auflösung 1991) aufgeführt. Der Donaulauf hat sich nicht verändert, das europäische Staatsgefüge hingegen sehr wohl. Heute fliesst der Strom durch zehn Staaten: Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Republik Moldau und die Ukraine.
Nach 46 km vereinigt die Breg das Wasser der Brigach, um fortan als Donau ins Schwarze Meer zu fliessen. Diesen Zusammenfluss reklamieren die Bewohner von Donaueschingen als Donauquelle, was sich nach allgemeiner Auffassung durchgesetzt hat. Die touristische Vermarktung der symbolischen Donauquelle mag hier, in der ehemaligen Residenzstadt der Grafen von Fürstenberg leichter gefallen sein, als die Quelle der Breg, fernab jeglichen Anschlusses an das Verkehrsnetz, ins touristische Angebot des 19. Jahrhunderts einzubinden.
Wenn der hydrologische Aspekt der Mündungsdistanz allein bestimmend wäre, müsste die Quelle des Rheins neu verortet werden. Es wäre dann nicht der Tomasee nahe dem Oberalppass oder das Rheinquellhorn im Hinterrhein, welche für sich den Quellort des 1233 km langen Rheins beanspruchen dürften, sondern die Wasserscheide des Passo del Uomo, auf dem Gebiet des Kantons Tessin, unweit der Passhöhe des Lukmanier. Hier entspringt der Rein da Medel (Medelserrhein), dessen Quelle die grösste Mündungsdistanz zur Nordsee ausweist[1]. Nach Auslegung der Donauquelle bei Donaueschingen, würde dann wohl Disentis den Anspruch des Rheinursprungs reklamieren, möglicherweise auch Reichnau-Tamins, wo Vorder- und Hinterrhein sich vereinen, um fortan als Rhein (hydrologisch als Alpenrhein) dem Nordatlantik zuzuströmen.
Hinsichtlich der Namensgebung eines Stromes wird gelegentlich auch schon mal die mitgeführte, mittlere Wassermenge als Kriterium aufgeführt. Würden wir diese messbare Grösse als massgebend betrachten, müsste der Rhein ab Koblenz im Kanton Aargau eigentlich Aare[2] heissen und die Donau würde ab Passau als Inn[3] weiter fliessen.
Belassen wir es dabei: unseren Hunden ist das egal. Hauptsache das Wasser fliesst und ist von guter Qualität. Letzteres liegt auch in unserer Verantwortung.
Anmerkungen
[1] Die Mündungsdistanz des Rein da Medel beträgt 76 km, jene des Rein da Tuma (Rheinverlauf vom Tomasee bis Disentis) 71 km.
[2] Die mittlere Wassermenge der Aaremündung in den Rhein beträgt 525 m3/s; jene des Hochrheins 473 m3/s, was den Rhein aus hydrologischer Sicht zu einem Nebenfluss der Aare macht.
[3] Der mittlere Abfluss des Inns in Passau ist rund 7 % grösser als der der Donau. Diese ist aber am Zusammenfluss um 30 km länger als der Inn.
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